„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet Euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen!
Der Herr ist nahe!“ (Phil 4, 4–5) Freuet Euch, auf lateinisch: Gaudete.
Der heutige dritte Adventssonntag trägt diese Bezeichnung, er will und soll schließlich mehr sein als eine nüchterne Zahl auf einem Kalenderblatt. Vorfreude prägt den heutigen Sonntag, der die zweite Hälfte der Adventszeit eröffnet: Wir feiern also „Bergfest“, wenn man so möchte!
Aus dem Philipperbrief spricht eine Freude, die weiß, wovon sie spricht: Ein zumindest flüchtiger Blick war ihr vergönnt auf das Kommende, so wie ein neugieriges Kind mitbekommt, wenn die Eltern die Bescherung am Heiligabend vorbereiten. Da sind ungewohnte Geräusche, es tut sich was: „Warte noch, du wirst schon sehen!“
Warten in der Gegenwart, hoffen und Ausschau halten nach einer Zukunft, die wir uns nur bruchstückhaft vorstellen können – das macht uns zum Teil einer großen Gemeinschaft, weit über den christlichen Glauben hinaus. Das verbindet uns mit vielen Menschen überall in der Welt – in einer Welt zumal, die nicht nur und erst recht nicht immer von adventlichem Freudenglanz überstrahlt ist.
Tiefe, unüberwindbar scheinende Schattentäler gibt es da. Sie fordern unsere Kräfte, bringen uns an die körperlichen wie geistigen Grenzen. Bei aller verständlichen Sehnsucht nach Gemütlichkeit in diesen Tagen, bei allem Widerwillen gegenüber altklug mahnenden Zeigefingern: Bitte kein Lametta auf hängende Schultern, kein achtloses Lärmen bei denen,
denen es die Sprache geraubt hat!
Freuet euch im Herrn allewege: Jochen Klepper schrieb ein Kirchenlied zu diesem Vers. Vor 80 Jahren, am Vorabend des 3. Advent, ging er mit seiner Familie in den Tod. Zu groß war der Druck der Verfolgung, die Gefahr der Verhaftung und der Ermordung geworden. Seine vielen Lieder auch zur Advents- und Weihnachtszeit sind Glaubenszeugnisse eigener Art, und berühren darum besonders.
An vielen Orten und in vielen Kirchen wird heute auch der verstorbenen Kinder gedacht: Jeden 2. Sonntag im Dezember stellen Betroffene um 19 Uhr Kerzen in ihre Fenster, „damit ihr Licht leuchte“ – unscheinbar, aber nicht unsichtbar auch inmitten von Sternen und Schwibbögen.
Christliche Hoffnung hat ein Ziel, wie auch einen Ursprung im vollen Bewusstsein unserer Lage. Die Propheten des Alten Testaments fanden dafür anschauliche Worte (Jesaja 35): „Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude… Sie sehen die Herrlichkeit des HERRN, die Pracht unseres Gottes. Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie! Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht!“
Fürchtet euch nicht – dieses immer wiederkehrende Engelwort, auch und gerade in der Advents- und Weihnachtszeit
begegnet es. Es steht an erster Stelle, als ein Engel der Jungfrau Maria die Geburt Jesu verheißt. Es geht vielen Wundern in biblischen Erzählungen voran, weil das Unbegreifliche nicht allein uns, sondern auch für die Menschen dort so schwer anzunehmen ist.
Rosen im Dezember, Ostern wohl zu der halben Nacht: Die frohe Botschaft vom Kommen Gottes in die Welt setzt
Kontraste, fordert heraus, spricht jeden an – in Furcht wie in Freude. Nehmen wir uns Zeit, zu hören und wachsen zu
lassen. Warte noch – du wirst schon sehen!
(Andacht zur musikalischen Adventsvesper)