Noch ein paar Shirts, oder doch lieber einen Pullover zusätzlich einpacken? Welche Bücher nehme ich mit auf die Reise, welche lasse ich zurück? Wieviel Platz bleibt noch im Koffer – für Urlaubseinkäufe, Andenken, Geschenke?
Unterwegs zu sein bedeutet immer, gewisse Kompromisse einzugehen und Verzicht zu üben – auch auf Sicherheiten und Vertrautes. Das Loslassen von Routinen und Gewohnheiten gehört zum Reiz des Reisens und kann als Abstand vom Alltag sehr befreiend wirken.
Was erwarten Sie beim Betreten einer Kirche? Historische Gebäude, sakrale Kunst, biblische Texte und Orgelmusik vermitteln oft den Eindruck besonderer Verhaftung in alten Traditionen. Doch wer regelmäßig Gottesdienste besucht, lernt auch die anderen Seiten kennen:
Da begegnet eine Vielfalt unterschiedlicher Wahrnehmungen und Überzeugungen. Gewissheiten stehen neben Zweifeln. Fröhliche Gelassenheit und tiefer Ernst finden darin Raum. Trostworte wie Herausforderungen verbinden sich mit der Botschaft des Glaubens.
Auch Enttäuschungen bleiben nicht außen vor: Wenn Worte mich nicht erreichen, die Lieder fremd klingen, die Gemeinschaft verschlossen wirkt. Nicht immer hält Kirche das Passende für uns parat – nicht immer gelingt es uns selbst, frei zu werden von negativen Erfahrungen und Vorstellungen.
Unterwegs zu sein, Menschen zu begleiten, gemeinsam durchs Leben zu gehen bedeutet immer, gewisse Kompromisse einzugehen und Verzicht zu üben. Mit allzu schwerem Gepäck kommt man nicht weit – das wussten bereits die alten Mönche und Mystiker.
Allem entsagen, um sich frei von jedem Ballast ganz auf das Wesentliche konzentrieren zu können? So radikal muss es gar nicht sein: Oft genügt es schon, das Handy für ein paar Stunden auszumachen, innerlich ruhig zu werden und die Augen zu schließen, um eine ganz neue oder verloren geglaubte Welt wiederzuentdecken. Mit unseren Grübeleien, festen Meinungen und Urteilen bleiben wir meist nur an uns selbst gebunden – darum:
Legen Sie ab, was Sie beschwert. Lassen Sie sich einladen von der Musik, schauen Sie sich um, lassen Sie alles auf sich wirken und nehmen Sie im Herzen mit, was sie berührt und bewegt.
Eine gute Zeit und einen gesegneten Weg wünscht Ihnen
Ihr Prädikant Christian Weyer
(Andacht zum Programmblatt des Orgelsommers 2025, donnerstags 12.15 Uhr in der Johanniskirche Plauen)