Wie viel Zeit haben Sie? Ist es die Mittagspause, die Sie gerade nutzen, arbeiten Sie verkürzt oder genießen einen freien Tag? Können Sie großzügig planen, weil bereits der Urlaub begonnen hat, oder gestalten Sie frei Ihren Ruhestand?
Je weniger Zeit man hat, um so kostbarer erscheint sie: Nur nichts verschwenden! Wie eine Geldanlage, eine Investition begrenzter Mittel muss die Bilanz am Ende stimmen, jeder Einsatz sorgsam bedacht und gerechtfertigt sein.
Nicht selten kann es dann passieren, dass am Ende zwar alle Punkte abgehakt und alle Vorhaben abgearbeitet sind, aber ein Gefühl der Leere bleibt: Wir wollen mehr sein als die Summe des Erlebten, wir wollen frei sein von Erfüllungszwängen – auch von denen, die wir uns selbst auferlegen.
Auch wenn wir noch so viel berichten können von großen Touren, Sehenswürdigkeiten, kulturellen wie kulinarischen Höhepunkten: Was Leib und Seele brauchen, erschöpft sich selten darin. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein und findet sich nicht wirklich wieder in der Vielzahl von Fotos und Andenken.
Es ist manchmal erstaunlich, was alles bei uns „hängenbleibt“, und was im Strom des Vergessens als nebensächlich untergeht. Da ist die Zufallsbekanntschaft, mit der wir uns so angeregt unterhalten haben, dass wir uns noch nach Jahren an das Gespräch erinnern. Oder eine spontane Unternehmung, ein ungeplanter Abstecher, ein Überraschungsbesuch:
Planung schafft Sicherheit – doch schon kleine Wunder haben ihre eigenen Regeln, widersetzen sich Konventionen und Erwartungen. Es liegt ein Segen auf solchen Irritationen, die uns ins Stolpern und Staunen bringen!
Es ist daher weniger die Frage, wie viel Zeit wir haben und wie wir sie verbringen. Der Wert liegt immer im Augenblick, in einem geschenkten Moment, im Aufhorchen und überwältigt werden.
Kompositionen, Kirchenkunst und kleine Impulse aus der Bibel vermögen uns zu bewegen und zu ermutigen, vorgezeichnete Wege auch mal zu verlassen. Sie öffnen Freiräume, die auch in kurzen Auszeiten eine große, ungekannte Weite spüren lassen.
Freie Zeit bemisst sich nicht in Tagen, Stunden und Minuten. Wo Herz und Sinne lebendig werden, heilsame Unruhe uns ergreift oder tiefer Frieden uns innehalten lässt, da entsteht Neues und wahrhaftig Wertvolles.
Eine inspirierende Zeit in dieser Kirche und Gottes reichen Segen wünscht Ihnen Ihr
Prädikant Christian Weyer
(Andachtstext für Programmblatt des Orgelsommers 2025, jeden Donnerstag 12.15 Uhr in der Johanniskirche Plauen)